Werkbeschreibung Triptichon "Unterwegs"

Susanne Husse   2009   Berlin


Christoph Damms abstraktes „Triptichon“ begegnet seinen Betrachtern als gedrittelte Komposition aus horizontalen Farbflächen in verschiedenen Erd- und Grüntönen. Bei den drei Bildern handelt es sich nicht um Werke ungegenständlicher Malerei, wie ein erster Anblick schließen lassen würde, sondern um fotografische Abbildungen verschiedener Abschnitte eines Schienennetzwerkes. Die Konkretheit des Motivs und seine Verortung in Raum und Zeit verdeutlicht der Künstler im Titel eines jeden Bildes. Die geografischen Koordinaten von Längen- und Breitengraden ebenso wie die Ziffern für Datum und Uhrzeit stehen gleichzeitig für ein abstraktes Darstellungssystem von Wirklichkeit.

 

Die fotografische Aufzeichnung von Geschwindigkeit und Licht lässt die Landschaft zum zweidimensionalen Farbspiel werden und befreit ihren Anblick von konkreten semantischen Zusammenhängen. Ebenso wie zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit oder Dokumentation oszilliert Damms „Triptichon“ zwischen Formgebung und Formauflösung.

Während der linearen Beschaffenheit des Schienenverlaufs ein stabilisierendes Moment innewohnt, entsteht das verzerrte Bild einer fließenden Landschaft durch die Auflösung der Formen.

 

In seiner Ambivalenz lässt sich Christoph Damms „Triptichon“ als ein Sinnbild unserer vom Fortschritt getriebenen Welt lesen. Diese immer komplexere Welt der globalen, für den Einzelnen unüberschaubaren Vernetztheit, der absoluten Mobilität und der sich ins Unendliche steigernden Beschleunigung findet ihre Voraussetzungen wiederum in Abstraktion und Reduzierung als Prinzipien des geistigen Umgangs mit Wirklichkeit. Als Schöpfer, Profiteur und Opfer dieser beschleunigten Welt steht der heutige Mensch vor der Aufgabe, sich darin zu verorten und umzugehen mit Fragen nach Individualität und Menschlichkeit.


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